Kultur und gesellschaftlicher Wandel stehen im engen Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung. Die Fähigkeit, Probleme zu erkennen und Lösungsmöglichkeiten zu finden, nach ethischen Grundsätzen zu handeln, eigene Initiativen mit den Handlungsmöglichkeiten anderer Menschen zu verbinden – das ist die wesentliche Herausforderung der Nachhaltigkeit.
Dies stellt der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE), der Beirat der deutschen Bundesregierung, fest.
Wir, die 19 kulturellen Landesverbände in MV, sind durch die Corona-Pandemie enger zusammengerückt. Wir tauschen uns sowohl untereinander im neuen Zusammenschluss Forum Kulturverbände MV aus, als auch zu unserer Freude regelmäßig und sehr konstruktiv mit Ministerin Martin und der Kulturverwaltung im Ministerium.
Das Zukunftsprogramm MV
Das Zukunftsprogramm führt aus, dass Kunst und Kultur zu einer offenen und demokratischen Gesellschaft entscheidend beitragen, zum Diskurs, zu Reflexionen und Visionen und auch zu kulturtouristischer Wertschöpfung.
In den „Zukunftsbildern“ ist die Notwendigkeit der Bereitstellung von kultureller Bildung von der Kindheit bis ins Seniorenalter benannt. Das begrüßen wir sehr. Es deckt sich mit unseren langjährigen Erfahrungen und den sich daraus ableitenden Schlussfolgerungen, Voraussetzungen für lebenslanges Lernen zu schaffen – eine Forderung, die wir als kulturelle Landesverbände seit langem und wiederholt formulieren.
Wir unterstützen ausdrücklich die Empfehlungen in den „Weichenstellungen“, dass Kunst und Kultur einerseits als Querschnittsaufgabe in allen Ministerien verankert wird und dass andererseits die kulturpolitischen Leitlinien ressortübergreifend umgesetzt werden und das zivilgesellschaftliche Engagement durch hauptamtliche Personalstrukturen unterstützt wird.
In den „Handlungsfeldern“ ist der Erhalt von Kulturstätten empfohlen sowie deren verpflichtender Neubau, ebenso die Verstetigung von Strukturen kultureller Bildung, insbesondere Soziokultur und aufsuchende Bildung (z.B. mobile Angebote). Gleichwohl wird in den „Handlungsfeldern“ auch die Notwendigkeit der Wahrnehmung und Förderung von Kunst und Kultur neben der Landschaft als Standort- und Wirtschaftsfaktor benannt, und dass die EU-Strukturfonds (ELER, EFRE, ESF) dazu in der neuen Förderperiode verpflichtend auch für Kunst- und Kulturprojekte nutzbar gemacht werden sollen. Dies alles unterstützen auch wir.
Das Aufbruchsdokument
Es werden im Aufbruchsdokument Instrumente vorgeschlagen, die zur Umsetzung der zuvor formulierten Ziele erforderlich sind:
Zunächst wird der Ausbau der finanziellen und strukturellen Förderung von Kunst- und Kulturschaffenden für 2022 genannt. Dies sieht auch das Forum Kulturverbände MV als dringenden Bedarf an, denn die Mittel der Kulturförderung stagnieren seit 10 Jahren und partizipieren nicht an der Haushaltsentwicklung. Der Haushaltsansatz für die Förderung freier Kulturträger ist um 20% geringer als 2010. Diese können weder inflationsbedingte Kostensteigerungen ausgleichen noch mit allgemeinen Lohnentwicklungen schritthalten.
Bezogen auf die Schaffung eines Nachhaltigkeitszentrums im Bereich „Kultureller Bildung“ ist es uns ein dringendes Anliegen, dass dies im Verbund der Landesverbände, unter Einbeziehung der Fachstelle Kulturelle Bildung MV und in enger Abstimmung mit der Landes- und kommunalen Förderung erörtert wird. In den Landesverbänden gibt es bereits jetzt vielfältige Angebote und seit Jahren ein außerordentliches Engagement – dezentral und in allen Sparten – kulturelle Bildung in urbanen aber insbesondere in den ländlichen Räumen flächendeckend zu ermöglichen.
Umsetzung der Bildungsoffensive
Auf dieser Basis bringen wir uns auch gern bei der Umsetzung der Bildungsoffensive – generell im Bereich kultureller Bildung und beim Masterplan Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) – ein, die der MV Zukunftsrat vorgeschlagen hat.
Die Landesverbände nehmen zudem erfreut zur Kenntnis, dass der MV Zukunftsrat die Finanzierung der Umsetzung der kulturpolitischen Leitlinie 10 zu Akzeptanz, Schutz und öffentlicher Förderung von FreiRäumen für Kunst und Kultur und vor allem für die Unterstützung von Projekten zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der UN-Agenda 2030 (vgl. Positionspapier des Deutschen Kulturrates) als wichtiges Instrument ansieht.
Ob eine Landeskulturstiftung dafür das richtige Instrument ist, ist aus Sicht der kulturellen Landesverbände sehr fraglich. Im Forum Kulturverbände MV beschäftigen wir uns bereits mit der Suche nach einem geeigneten Instrument, das als ein förderndes Kooperationsmodell von Kunst- und Kulturakteurinnen, Politik und Verwaltung und als zeitgemäße und beteiligungsorientierte Verantwortungspartnerschaft auch übergeordnete Kulturmanagementaufgaben übernehmen kann.
Das Aufbruchsdokument beschreibt:
Transformation braucht Zusammenarbeit auf Augen-höhe, gemeinsame Interessen, gegenseitiges Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Wir brauchen kooperative Strukturen, um die Geschwindigkeit und die Akzeptanz der Transformation zu erhöhen.
Die Schaffung einer übergeordneten landesweit agierenden Organisationseinheit v.a. als kooperative Struktur sehen wir als Landesverbände als dringend notwendig an, gerade um das ressortübergreifende Denken von Kultur zu implementieren, um Mittel zu akquirieren, um ein adäquates Kulturmanagement auszuüben, das die beschriebenen Zukunftsbilder sowie die kulturpolitischen Leitlinien konsequent und erfolgreich umsetzen kann. Wichtig ist uns, dass eine solche Kulturmanagementstruktur mit den kulturellen Landesverbänden gemeinsam auf die Bedürfnisse hin abgestimmt ist und die Mittel an Kulturschaffende und Bürgerinnen gelangen und nicht von der eigenen Struktur bereits zum großen Teil selbst aufgebraucht werden. Hier gibt es gute Beispiele in Schleswig-Holstein und Brandenburg. Gern arbeiten wir gemeinsam mit Ministerin Martin und dem Ministerium und an dieser Strukturidee weiter, um eine für unser Land passgerechte Lösung zu finden.
Nachhaltigkeitsstrategie
Der notwendige Paradigmenwechsel im Rahmen einer Nachhaltigkeitsstrategie führt zwangsläufig zu neuen Sichtweisen auch auf Kunst und Kultur und deren Möglichkeiten, diese haben wir als kulturelle Landesverbände auch formuliert – zuletzt im Prozess der kulturpolitischen Leitlinien. Kunst und Kultur werden in dem Dokument in ihren starken gemeinwohl-, und identitätsstiftenden sowie identitätserhaltenden Funktionen in ländlichen und urbanen Räumen beschrieben.
Im Aufbruchsdokuments des MV Zukunftsrates sind eine Vielzahl von Empfehlungen für zukünftige Entwicklungen von Kunst & Kultur – insbesondere im Kontext der MV Zukunftsstrategie – aufgeführt, die in den kulturpolitischen Leitlinien verankert sind.
Das Forum Kulturverbände MV steht auch deshalb bei der Ausgestaltung des weiteren Prozesses zur Umsetzung des Zukunftsprogramms für Mecklenburg-Vorpommern generell mit seiner ganzen Kompetenz, seinen umfangreichen Erfahrungen und mit großem Engagement gern zur Verfügung.
Wir schließen uns am Ende unserer Stellungnahme gern erneut den Worten des Rats für Nachhaltige Entwicklung an, denn „ohne die Schaffung eines Bewusstseins zur Nachhaltigkeit in der Gesellschaft, ist die Transformation nicht zu bewerkstelligen.“ Die Kunst- und Kulturakteure sind hier Ihre wichtigen Mitstreiter, die helfen, eine gesellschaftliche Nachhaltigkeitsdebatte in Mecklenburg-Vorpommern in die Breite zu tragen.
Über ein Gespräch mit Ihnen, wie wir gemeinsam eine MV Zukunftsstrategie umsetzen können, würden wir uns sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Hendrik Menzl
in Vertretung Forum Kulturverbände MV